Moderne Objektive sind Alleskönner. Die Ingenieure bzw. Unternehmen stecken eine Menge Zeit und Geld in deren Entwicklung, um dem Kunden Objektive zu bieten, welche hinsichtlich Schärfe, Kontrast, Verzeichnung, Vignettierung und Bokeh optimal berechnet sind. Lohnt es sich dennoch, alte Objektive auf modernen Kameras zu verwenden? Definitiv: Ja!

Das Bokeh

Während modern gerechnete Objektive zumeist ein gleichmäßiges, weiches Bokeh (Hintergrundunschärfe) haben, welches oft als langweilig empfunden wird, zeichnet sich bei älteren Objektiven aufgrund ihrer meist einfacheren Konstruktion der Hintergrund häufig sehr differenziert ab – hier gut zu sehen am Beispiel eines Primoplan 58mm/1.9 von Meyer-Optik Görlitz aus den 1950er Jahren: Der Hintergrund scheint sich regelrecht um das Zentrum zu drehen (sog. Swirl); hinzu kommt eine starke Randunschärfe, die das Auge des Betrachters zusätzlich auf das Hauptmotiv in der Mitte lenkt.


Einer der Klassiker unter den Vintage-Objektiven ist sicherlich das Helios-44 58mm/2.0, welches eine Kopie des Biotar 58mm/2.0 von Carl Zeiss Jena ist und von verschiedenen Firmen in der ehemaligen Sowjetunion bzw. später Russland zwischen 1958 und 1999 in verschiedenen Versionen gefertigt wurde. Das Helios-44-2 von KMZ (Krasnogorski Mechanitscheski Sawod) am Stadtrand von Moskau war mein erstes altes Objektiv, welches ich auch heute noch sehr gerne verwende; ich habe es 2014 auf einem Flohmarkt für 5 Euro erstanden. Es bildet deutlich schärfer als das o.g. Primoplan ab und der Hintergrund zeigt ebenfalls den typischen Swirl. Entscheidend für diesen Bildeffekt ist immer der Hintergrund selber, welcher eine gewisse Struktur aufweisen muss.

Die Lens-Flares

Neben dem Bokeh machen vor allem die sog. Lens-Flares („Linsen-Lichtschein“) ältere Objektive reizvoll. Diese entstehen durch eine noch nicht optimierte Vergütung der einzelnen Linsen im Objektiv. So wird das einfallende Licht zwischen den Linsen reflektiert, was zu den typischen Erscheinungen auf dem Bild führt. Dabei hat jedes Objektiv charakteristische Flares – je nach Aufbau und Vergütung: Hier die Flares eines Auto Revuenon 50mm/1.9 (ehemalige Handelsmarke der Firma Quelle; hergestellt in Japan – vermutlich von Chinon).


Und trotz all dieser konstruktionsbedingten „Mängel“, können Vintage-Objektive auch „perfekt“ abbilden, wie hier das Carl Zeiss Ultron 50mm/1.8 aus den 1960er Jahren.

Fazit

Ältere Objektive stellen eine Bereicherung in der Fotografie dar. Hinzu kommt, dass sie sich mittels Adapter an fast jeder digitalen Kamera verwenden lassen und oftmals kosten sie nur einen Bruchteil eines neuen, modernen Objektivs. Wer jetzt Lust darauf bekommen hat, sollte mal auf dem nächsten Flohmarkt nach alten Objektiven gucken; passende Adapter gibt es von verschiedenen Herstellern.